Ein kleines Experiment direkt zu Anfang: was ist Deine erste Assoziation, zu folgendem Wort: Kontrolle.
Wenn Du als allererstes ein kurzes, ungutes Gefühl in Dir aufsteigen spürst, an ein wie auch immer geartetes „kontrolliert werden“ denkst, dann geht es Dir wie den meisten Menschen, die spontan mit dem Wort „Kontrolle“ oder „kontrollieren“ konfrontiert werden: da kommt die Fahrkarten-Kontrolle in der Bahn, die Polizei-Kontrolle, Kontrollen am Flughafen, „totale Kontrolle“ im Internet, Kontrolle durch Überwachung an öffentlichen Plätzen etc.
Kontrolliert werden ist also irgendwie immer doof, macht uns ein ungutes Gefühl.
Aber wie sieht es aus mit „die Kontrolle haben“ oder „etwas/jemanden kontrollieren“? …Hmm, klingt gar nicht mal schlecht: wer die Kontrolle hat, bestimmt schließlich was passiert – vor allem das eigene Leben betreffend, scheint Kontrolle ja eine gute Sache! …wirklich?
„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ – achja?
Was immer möglich ist, versuchen wir Menschen zu kontrollieren, nach unseren Regeln und Vorstellungen zu gestalten – so sind wir angelegt, denn das gibt uns Sicherheit. Dabei suchen und finden wir immer jemanden oder etwas, über das/den wir Kontrolle ausüben können – bewusst und unbewusst.
Das fängt bei Banalitäten wie dem Autofahren an (allein der Fahrer bestimmt, wo es hingeht, er ist selbstständig und autark, kann jederzeit überall hin). Es geht weiter beim Aushändigen des monatlichen Taschengeldes an die Kinder, um deren Konsumverhalten „auf Kurs zu halten“ oder dem Dressieren des Haustiers zum „Männchen machen“. In krassen Fällen endet es im Aufzwingen des eigenen Willens durch Gewalt: all dies ist Ausüben von Kontrolle und immer steckt die Sehnsucht nach Sicherheit dahinter, etwas (be-)halten wollen: einen Status („ich lass mir doch von dem Hund nicht auf der Nase herumtanzen“), Respekt oder, wie beim Auto fahren, die eigene Souveränität.
Wir sehen also: Kontrolle über etwas oder jemanden haben, möchte jeder gern – in irgendeiner Weise kontrolliert werden hingegen keiner … das passt irgendwie nicht zusammen!
Zum Glück ist es so, dass wir Menschen als kleine „Kontroll-Suchtis“ auch mal eine Ausnahme machen – nämlich immer dann, wenn wir etwas Neues ausprobieren, denn:
„Wer immer tut was er schon kann, bleibt immer der, der er schon ist“
Wer sein Leben erleben will, der muss unweigerlich auf Kontrolle verzichten! Wann immer wir uns auf Neuland begeben, ist es nämlich zunächst mal vorbei mit der (Selbst-)Kontrolle. Wir versuchen zwar, durch vorbeugende Maßnahmen oder externe Hilfsmittel wenigstens die möglichen negativen Konsequenzen für Leib und Leben aus unserem Tun zu kontrollieren – schließlich lernt beispielsweise niemand das Autofahren im Straßenverkehr ohne Fahrlehrer.
Und trotzdem: Da steht man dann, aufgeregt, angespannt, nicht wissend wie „das erste Mal“ wird. Klar, Tipps gab‘s einige, eine Anleitung hat man auch bekommen – aber klappt das auch wirklich so? Wie fühlt sich denn das dann an? Mache ich alles richtig? Was, wenn ich etwas falsch mache? Und was kommt danach? Es gibt zwar den Fahrlehrer, aber mein Tun und Handeln hat ja auch Auswirkungen!
Naja, nach einiger Überwindung und manchmal gutem Zureden von außen geht es dann endlich los: wir wagten es, drehten den Schlüssel, machten einen Satz nach vorn und standen wieder. Nochmal – diesmal klappt‘s – ah, das war die Sache mit der Kupplung, die der Fahrlehrer meinte! Abgekürzt: durch ständiges Wiederholen gewannen wir dann immer mehr Sicherheit – und kontrollierten schließlich unser Gefährt – wir „können jetzt Auto fahren“. Kontrolle haben wir also immer nur dann und über die Dinge, die wir bereits gelernt haben, schon kennen oder können.
Möglich war der Schritt des „Loslegens“, des Einsteigen ins Auto nur durch das Vertrauen in unsere eigenen Fähigkeiten gepaart mit dem Vertrauen in die Fähigkeiten des Fahrlehrers. Diese Kombination ist also ein Schlüssel im Umgang mit Unbekanntem.
Also nochmal zurück: „Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser“?
Naja, das wäre demnach ja schlecht, denn: Kontrolle entsteht ja erst durch‘s Können und Kennen. Wenn wir etwas Neues ausprobieren, können und kennen wir es ja noch nicht – was also tun? Die Antwort:
… und genau damit wären wir beim Tandemfliegen angekommen: Vor dem ersten Tandemflug als Passagier weißt Du natürlich nicht, wie sich das anfühlen wird. Du kennst die Abläufe nicht, bist mit der Materie nicht vertraut – genau wie bei Deiner ersten Fahrstunde. Und wie damals gilt auch hier: alles Neue und Unbekannte kannst Du mit einer guten Portion (Selbst-)Vertrauen angehen! Denn: wie auch mit dem Fahrlehrer gemeinsam im Auto bist Du bei uns ein aktiver Teil des Geschehens.
Mit der Entscheidung zum Mitfliegen, also etwas Neues zu wagen, ist wieder sowohl Dein Selbstvertrauen als auch Dein Vertrauen in die Fähigkeiten des Piloten gefragt – genau wie damals. Du „traust Dir zu“ den Anweisungen des Piloten zu folgen und diese umsetzen zu können, in abfallendem Gelände bergab zu rennen und vertraust Dich mit dem Befolgen der Anweisungen Deinem Piloten an. Ihr seid ein Team, in dem jeder seine definierte Rolle hat – wenn auch etwas ungleich verteilt :P.
Mit dem Gleitschirm zu fliegen ist das freieste und purste was wir erleben können – mehr geht nicht als Mensch. Es geht dabei um‘s Loslassen können, um‘s Spüren, Zulassen, bewusst wahrnehmen und Sammeln von unendlich vielen unbekannten Eindrücken. Einer davon ist sicherlich, wie befreiend, leicht und bestärkend sich das „Wagen des völlig Neuen“ anfühlen kann, ganz ohne die alleinige Kontrolle über die Situation zu haben.
Wir müssen nicht immer alles kontrollieren: nur durch Loslassen können wir Neues erfahren, nur durch Vertrauen in uns selbst wagen wir uns wiederum überhaupt ans Loslassen – ein Kreislauf, der bei uns selbst anfängt und endet.
Du hast die Wahl: kontrolliere oder erlebe, indem zu auf Vertrauen und Selbstvertrauen setzt – es liegt bei Dir 🙂